Arbeit- und Wohnverhältnisse im Ruhrgebiet zu Zeiten des deutschen Kaiserreiches

Ruhrgebiet

Im Ruhrgebiet und Umgebung gibt es große Vorkommen von Kohle.
Kohle ist einer der wichtigsten Rohstoffe der Schwerindustrie, da Dampfmaschinen diesen verwenden.

Im Ruhrgebiet haben sich, wegen dieser Vorrausetzung, in wenigen Jahren viele Konzerne angesiedelt und entwickelt.

Dadurch kamen viele Arbeiter in die Städte, diesen Prozess nennt man Urbanisierung. Hierdurch wuchs das Ruhrgebiet enorm und aus Dörfern, wie Essen, entstanden große Städte. Der Wohnungsausbau war sehr langsam und Kosten von Wohnungen stiegen, gleichzeitig wurden Arbeitszeiten immer länger.

Arbeit- und Wohnverhältnisse litten durch diesen Wachstum. Diese Website wird Ihnen diese Verhältnisse näher bringen und erläutern.

Wäre die Industrie im Ruhrgebiet auch floriert, wenn auf Arbeit- und Wohnverhältnisse geachtet worden wäre?

Geschichtlicher Hintergrund

Um mehr über ein Thema zu erfahren, fahren Sie mit ihrer Maus über die einzelnen Karten.

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Anfänge des Bergbaus
1542
Anfänge des Bergbaus
Erste kontrollierte Regelung des Bergbaus im Ruhrgebiet.
Rechte für den Abbau wurden kostenpflichtig.

1578 wurde in Witten der Kohlebergbau wegen der angerichteten Zerstörung eingeschränkt.

Der Bergbau liefert den wortwörtlichen Grundbaustein für die Industrie im Ruhrgebiet, da die meiste Industrie im Ruhrgebiet Kohle, Eisen und Stahl als Grundressource verarbeitet.

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Erste Dampfmaschine
1802
Die erste Dampfmaschine

Die erste Dampfmaschine wurde in einer Zeche in Bochum zum Wassertransport benutzt.
In folgenden Jahren wurden immer mehr Dampfmaschinen gebaut, die auch zum Transport der abgebauten Rohstoffe genutzt wurde.

Die Nutzung der Dampfmaschine ermöglichte erst den enormen Wachstum im Ruhrgebiet. Mit ihrer Hilfe, war es zum Beispiel möglich große Mengen von Stahl zu bearbeiten. Das Bild unten zeigt einen sogenannten Dampfhammer.

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Gründung der Krupp-Gussstahlfabrik
1811
Gründung der Krupp-Gussstahlfabrik
Friedrich Krupp gründete 1811 die Krupp-Gussstahlfabrik.

Später übernahm Alfred Krupp, Friedrich Krupps ältester Sohn, das Unternehmen und brachte es zu einem großen erfolgreichen Unternehmen.

1903 wurde die Friedrich Krupp AG gegründet, die 1999 zur ThyssenKrupp AG wurde

Die Aktiengesellschaft ThyssenKrupp hat heute einen Umsatz von über 42 Milliarden Euro und gehört zu den 1000 weltgrößten Unternehmen.

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Gründung des deutschen Zollvereins
1834
Gründung des deutschen Zollvereins
Durch die Gründung des deutschen Zollvereins war der Handel von Waren erleichtert und billiger.

Somit waren nun Edukte und Produkte billiger und der Absatz wuchs.

Die Industrie hat sich aber trotzdem im Ruhrgebiet angesammelt, da die Nähe zu den Kohlelieferanten günstiger war. Darüber hinaus ist es nicht besonders praktisch Tonnen von Kohle über schlecht ausgebaute Eisenbahnnetze zu transportieren.

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Erster Koksofen
1854
Kokserei

1853 wurde der erste Koksofen zur Verarbeitung von Eisenerz eingesetzt.

Koks ist ein Produkt, welches in Kokereien aus Kohle gewonnen wird. Koks wird anstelle von Kohle benutzt, da es zu weniger Rauch, Ruß und Schwefel verbrennt.

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Bergarbeiterstreik - Gründung der Bergarbeitergewerkschaft
1889
Bergarbeiterstreik und Gründung der Bergarbeitergewerkscahft

Aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen, wie langen Arbeitszeiten kam es 1889 zu einem Streik!

2 Jahre später wurden folgende Regelungen durchgesetzt:

  • Eingeschränkte Nachtarbeit
  • Sonntagsruhe (keine Arbeit an Sonntagen)
  • Kinderschutz

Die geforderte Begrenzung der Arbeitszeit auf 8 Stunden täglich wurde nicht durchgesetzt.

Wohnverhältnisse

Durch die Urbanieserung mussten viele neue Wohnungen gebaut werden. Die musste möglichst billig und schnell geschehen, daher waren die Wohnung schlecht ausgebaut und klein. Trotz vielen neuen Wohnungen entstand eine Wohnungsnot, es gab nicht genug Wohnung für alle Arbeiter.

In Betten von Arbeitern schliefen bis zu 4 Personen auf einmal, da es billiger war und es einfach nicht genügend Wohnungen gab.
Fenster wurden selten geöffnet, da im Winter meistens nur die Küche beheizt wurde.
Fenster und die Wohnung waren meistens nicht luft- und schalldicht.
Dies führte zu Schimmelbildung, die auch gesundheitliche Folgen, wie Hautauschlag, Lungen- und Herzkrankheiten, etc., haben kann.
Durch die hohe Wohnungsnot wurden viele Häuser schnell und schlecht gebaut.
Manche Wohnungen wurden, während die Wände austrockneten, bewohnt. Dies führte dann gerade bei Kindern zu gesundheitlichen Problemen. Die Wände mussten ausdünsten, das giftige Substanzen freisetzte, sowie Schimmel förderte.
In den meisten Wohnungen gab es kein fließendes Wasser, Sanitäranlagen wurden auf dem Flur mit anderen Bewohnern geteilt.

Werkswohnungen

Eine Lösung für die Wohnungsnot sind sogenannte Werkswohnungen. Werkswohnungen sind Wohnungen, die von einem Konzern für die Arbeiter bereitgestellt (und gebaut) werden. Die Wohnungen sind meistens auf dem Betriebsgelände.
Diese Wohnungen waren billiger und in besserer Qualität als die meisten anderen auf dem Markt mietbaren Wohnungen.
Krupp baute die ersten eigenen Werkswohnungen schon 1861, diese waren aber nicht für den normalen Arbeiter gebaut und entsprachen hohen Standards zu der Zeit.
Bild von Arbeitersiedlung

Vorteile der Werkswohnungen

Arbeitnehmer Arbeitgeber
Kurzer Arbeitsweg Kurzer Arbeitsweg (Arbeiter kommen zuverlässiger zur Arbeit)
Preiswerte Wohnung Bindung des Arbeitnehmers ans Unternehmen
- Image des Unternehmen verbessert

Nachteile der Werkswohnungen

Arbeitnehmer Arbeitgeber
Bindung an Arbeitgeber + Arbeit -
Konstante Konfrontation mit der Arbeit -
Lärm- und Luftverschmutzung -

Nachdem Sie die Arbeitsbedinungen kennen lernen, werden die Werkswohnungen kritisch mit einer Karikatur beachtet.

Arbeitsbedinungen - der Alltag eines Arbeits

Das folgende Diagramm stellt einen typischen Arbeitstag dar. Um mehr über einen Zeitabschnitt zu erfahren, klicken Sie bitte auf den Abschnitt

Der Weg zur Arbeit
Der typische Arbeiter musste um ca. 4:30 Uhr aufstehen. Arbeit begann um 5 Uhr und der Weg zur Arbeit dauert oft 30 Minuten.
In Betten schliefen meistens mehrerer Personen, somit war man meistens verschwitzt nach dem Aufstehen. Das Badezimmer musste sich mit anderen Leuten geteilt werden, dass es hier zu Konflikten kam ist selbsterklärend.
Zum Duschen oder Waschen bleibt da keine Zeit, das wäre auch wahrscheinlich auch unnötig bei der meist sehr dreckigen Arbeit.
Arbeitsbeginn
Um 5:00 wurde sich angemeldet, die Anmeldung erfolgte über sogenannte Kontrolluhren, extra dafür entworfene Maschinen.

Damit wurde ganz genau der Arbeitsbeginn überprüft.

Der Arbeiter wurde so ganz genau kontrolliert und aus aktuellen Vergleichen mit z. B. Amazon, zeigt sich, dass diese konstante Überwachung nicht besonders fördernd ist. Man sollte auch beachten, dass die Arbeiter konstant von Aufsehern beobachtet werden!

Erste Arbeitsschicht
Nach der Anmeldung begann die Arbeit, das heißt harte und körperliche Arbeit.
Der Mensch wurde als Maschine benutzt, es geht nicht darum intellektuelle Aufgaben zu bearbeiten, sondern seine Muskelkraft nach den Ansagen anderer zu verwenden. Die Arbeitsmoral ist da natürlich nicht so hoch.
Arbeiten konnten zum Beispiel die Arbeit an einem Hochofen sein oder die Bearbeitung von heißen Eisen, sowie Handhabung von geschmolzenen Metall.
Gesundheitliche Folgen: Der konstante Dreck, vor allem durch Ruß, führte zu Atem Problemen. Die Hitze und körperliche Arbeit ließen die Arbeiter nahezu schneller altern. Berichte schreiben von 40 jährigen Greisen.
Mittagspause
Die Mittagspause war die einzige Zeit, wo sich die Arbeiter theoretisch erholen konnten. Je nachdem, wo man arbeitet ging die Pause ca. 1 Stunde lang, konnte aber auch kürzer sein.
Das Essen wurde meistens von den Frauen der Arbeiter zur Fabrik geliefert. Man kann sich vorstellen, dass diese Pause keine wirkliche Erholung darstellte, da nach 7 Stunden Arbeit 1 Stunde Pause einfach nicht ausreicht.
Zweite Arbeitsschicht
Die Arbeiten der zweiten Schicht waren genau dieselben, wie in der Ersten. Abwechslung am Arbeitsplatz konnte man hier nicht erwarten.
Diese Arbeitsphase dauerte noch mal 7 Stunden, damit war der Tag eigentlich schon vorbei. Das Leben der Arbeiter entsprach demnach aus Arbeit.
Je nachdem wie gut das Geschäft lief, wurde auch mal 16 Stunden täglich gearbeitet. Aber auch nur 12 Stunden pro Tag waren denkbar.
Konzerne haben natürlich irgendwann gemerkt, dass die Arbeiter produktiver bei kürzeren Arbeitszeiten waren. Mit der Zeit wurden die Arbeitszeiten also reduziert.

Die folgende Tabelle zeigt, die durschnittlichen Arbeitszeiten über die Jahre.
Zeitraum Ø tägliche Arbeitszeit Ø wöchentliche Arbeitszeit
um 1800 10-12 60-72
um 1820 11-14 66-80
um 1830-1860 14-16 80-85
1861 - 1870 12-14 78
1871 - 1880 12 72
1891-1895 10,5-11 63-65
1896-1900 10,5 61-63
1901 - 1905 10-10,5 59-61
1906 - 1910 10-10,5 58-60
1911 - 1914 10 54-60
Ankunft
Nach der langen Arbeitszeit waren die Arbeiter sehr angestrengt, das späte Ankommen ließ nicht viel Zeit für Familie.
Alkohol war da meistens die beste Möglichkeit, um die Strapazen des Tages zu bewältigen. Das Abendessen war, wie die meisten Mahlzeiten, sehr dürftig. Die Nahrungssituation verbesserte sich zwar durch die Industrialisierung, aber die Arbeiter bekamen davon nichts ab.
Das Leben der Arbeiter bestand demnach fast nur aus Arbeiten.
Schlafen
Mit 4 Personen in einem Bett zu schlafen ist natürlich nicht gerade die angenehmste Erfahrung.
Dazu kommt noch der stickige und warme Raum, im Winter auch stickig und kalt. Wer auf Toilette musste, musste den Nachttopf benutzen.
Wenn einer der Mitbewohner krank sein sollte, dann ist es unumgänglich für die Anderen auch krank zu werden. Die schlechten hygenischen Bedingungen förderten nicht gerade die Heilung der Menschen.
Trotz Krankheit gingen die Arbeiter aber zu Arbeit, denn ihren Job konnten sie ganz schnell verlieren und ohne Geld waren sie ziemlich aufgeschmissen.

Karikatur

Bild von Karikatur
"Der Kapitalist: So! Der läuft nicht mehr davon!", von A. Staehle 1905

Die oben gezeigte Karikatur zeigt auf der linken Seite einen Arbeitnehmer, der durch den auf der rechten Seite abgebildeten Arbeitgeber an zwei Metallkugeln angekettet wird. Die eine Kugel hat die Aufschrift "Pensionskasse" und die andere "Arbeiterwohnungen".

Die Karikatur zeigt also einen Arbeiter, der bei seinem Arbeitgeber durch seine Wohnung festgehalten wird. (Ich gehe jetzt nicht auf die Pensionskasse ein)

Staehle hat hiermit ziemlich genau das damalige Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber dargestellt. Der Mietvertrag einer Werkswohnungen war nämlich fast immer mit dem Arbeitsvertrag gekoppelt, die Kündigung von einem führte automatisch zur Kündigung des anderen!

Dieses Verhältnis zwang die Arbeiter ihre Arbeit fortzuführen und konnte somit auch nicht gegen die schlechten Bedingungen protestieren. Eine Folgerung dieser Abhängigkeit war, dass Werkswohnungen nicht wirklich beliebt waren.

Fazit

Das Leben eines Arbeiters besteht, wie sie auch dem oben abgebildeten Diagramm entnehmen können, zu dem größten Teil aus Arbeit. Die Arbeit war extrem anstrengend und führte zu großen gesundheitlichen Problemen.

Die Wohnverhältnisse der Arbeiter kann man sich heute kaum vorstellen. Für die Arbeiter hieß so ein Alltag keine Erholung und keine Privatsphäre. Gleichzeitig wurde der Arbeiter durch verschiedene Programme, wie zum Beispiel die Werkswohnungen, an den Arbeitgeber gebunden. Hierdurch war er eigentlich nur noch ein Sklave und hatte nicht wirklich Freiheiten.

Aufstände führten zur Verbesserung dieser Situation, allerdings nur schrittweise! Letztendlich mussten die Arbeitgeber selber was ändern und erkannten auch, dass andere Bedingungen auch zum Erfolg führen.
Alfred Krupp zum Beispiel sagte im Alter, dass das Enge zusammenleben der Arbeiter gefährlich auf die Arbeiter ausüben könne. Deshalb waren zukünftige Werkswohnungen mehr isoliert (z. B. durch verschiedene Hauseingänge) und boten so mehr Erholung, gleichzeitig besaßen diese einen Garten.

Bild von Bauen und Wohnen (BASF)
Heutzutage achten diese Firmen, wie die BASF, auf solche Bedingungen. Das BASF Wohnen + Bauen ist zum Beispiel komplett entkoppelt vom Arbeitsvertrag und kann auch angemietet werden, wenn man nicht in der BASF arbeitet.


Die am Anfang gestellte Leitfrage:
Wäre die Industrie im Ruhrgebiet auch floriert, wenn auf Arbeit- und Wohnverhältnisse geachtet worden wäre?
Lässt sich also grundlegend auf dem heutigen bestehenden Erfolg dieser Firmen, wie BASF, bestätigen. Allerdings wäre der Entwicklungsprozess nicht so rapide gewesen, aber bestimmt um einiges humaner!

Literaturverzeichnis

Internetquellen (Stand ca. 1. Dezember 2018)

Buchquellen